Pfarrkirche St. Georg in Ruhpolding im oberbayerischen Chiemgau. (Foto: Knut Kuckel)
Pfarrkirche St. Georg in Ruhpolding im oberbayerischen Chiemgau. (Foto: Knut Kuckel)

Ruhpolding – Besinnungsweg zum Kirchbichl bei St. Georg

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Der schönste Platz in Ruhpolding ist der Kirchbichl mit dem alten Bergfriedhof. Auf dem Besinnungsweg folge ich den Schildern nach St. Georg. Oben angekommen, beeindruckt mich die Aussicht auf die Chiemgauer Alpen.

“Lass doch erst einmal unser stilles Ruhpolding auf Dich wirken, bevor Du uns besucht.” So die Empfehlung von Dr. Ingeborg Schmid, der Leiterin des Holzknechtmuseums. Später bin ich mit ihr verabredet. Ingeborg drückt mir einen Wegbegleiter in die Hand, “Ruhpoldinger Kirchen, Kapellen und Marterl”.

Schlosskapelle. Ruhpolding. (Foto: Knut Kuckel)

In weniger als zwei Stunden sind die Wege und Stationen Orte der Einkehr. Auf meinem Besinnungsweg besuche ich zum Auftakt die Schlosskapelle am Heimatmuseum. Von dem Schild am Eingang erfahre ich, das die schlichte Kapelle zum herzoglichen Jagdschloss der Wittelsbacher gehört. Geweiht wurde sie im Juli 1753 durch Fürstbischof Franciscus Carolus vom Chiemsee. Vor dem Bau der evangelischen Kirche in Ruhpolding diente die Schlosskapelle den protestantischen Christen als Gottesdienstort.

Deckenfresko, Schlosskapelle, Ruhpolding. (Foto: Knut Kuckel)

Der Blick auf die Deckenbilder hat etwas Meditatives. Sie zeigen das Leben der Gottesmutter Maria. Auf dem Weg zum nächsten Ziel, hoch oben am Berg, beeindruckt am Hauseck vom “Hotel zur Post” die Muttergottes an der “Taverne”. Die Marienstatue soll das Haus beschützen und alle Reisenden. Früher waren das zumeist Fuhrleute und Händler.

Hauseck vom "Hotel zur Post", Ruhpolding. (Foto: Knut Kuckel)

Vom Rathaus mit Standesamt – gegenüber am “Haus des Gastes” – geht’s hinauf zum Kirchberg. “Der Weg gleicht einer kleinen Wallfahrt”, verspricht unser Wegbegleiter und das ist in keiner Weise übertrieben.

St. Georg, Ruhpolding. (Foto: Knut Kuckel)

Ich schaue schon gar nicht mehr auf die Uhr und folge den Stationen zur Pfarrkirche St. Georg. Sie ist die Krönung der Ruhpoldinger Kirchen und Wahrzeichen im Tal der Weißen Traun. Ihre Vorläufer im romanischen und gotischen Stil standen hoch oben auf dem Bergfriedhof, friedvoll umgeben von den Gräbern der Bergbauern.

Gnadenbildes des "Gegeißelten Heilandes auf der Wies". (Foto: Knut Kuckel)

Beim Pfarrhof steht neben der großen Linde eine Gnadenbild-Nachbildung des “Gegeißelten Heilandes auf der Wies”. Dieser wurde im Jahr 1730 für die Karfreitagsprozession des Klosters Steingaden als Tragefigur geformt. Da steht er. Der Heiland. Wie in einer Gefängniszelle. Hinter Glas und mit schmerzverzerrtem Gesicht. Aber auch Frieden und Glanz ausstrahlend.

St. Georg am Bergfriedhof, Ruhpolding. (Foto: Knut Kuckel)

Von diesem Ort schaut man hinauf, zu St. Georg. Von allen Seiten betrachtet, ein beeindruckendes Bild. Besonders am heutigen Tag. Blauer, fast wolkenloser Himmel und sommerlich warme Temperaturen.

Kriegergedächtniskapelle, Ruhpolding. (Foto: Knut Kuckel)

An der Kriegergedächtniskapelle lese ich die Namen der Gefallenen beider Weltkriege. Ihre Namen sind auf Marmorplatten verewigt. Die Kapelle wurde 1923 eingeweiht. Manche Namen kommen uns bekannt vor. Erinnern uns an die Pioniere der Holzwirtschaft in Ruhpolding.

Auf meinem Weg durch Ruhpoldinger Kirchen und Kapellen bleibe ich immer und immer wieder vor beeindruckenden Marterln stehen. Bekreuzige mich und halte inne. In tiefer Andacht auch vor dem Bildstock des Heiligen Korbinian. Unmittelbar bei St. Georg, mit Blick hinab nach Ruhpolding und in die Nachbartäler. Die Bänke an diesem Platz laden zur Einkehr.

Der Heilige Korbinian, nahe St. Georg in Ruhpolding. (Foto: Knut Kuckel)

Der Hl. Korbinian ist der Patron des Erzbistums München und Freising. Einer von jenen heiligen Männern, die mit ihrem Schweiße das alte Bayernland befruchteten und mit ihrem Wort die Gottfernen bekehrten. Als erster Bischof von Freising wird Korbinian zu Recht zu den Aposteln Bayerns gezählt.

Totenbretter am Kirchbichl, Ruhpolding. (Foto: Knut Kuckel)

Nahe der Bergfriedhöfe um St. Georg fallen Totenbretter auf. Früher wurden die Verstorbenen auf einem solchen Brett aufgebahrt und zu Grabe getragen. Anschließend wurden die Bretter zugeschnitten, beschriftet und verziert. Sie erinnern heute vor allem an Bürger, die sich für das Allgemeinwohl stark machten.

Jetzt betrete ich die Pfarrkirche St. Georg durch das große Eingangstor. Gegenüber des Weihwasserbeckens steht er. St. Georg, mit einem schutzsuchenden Kind auf dem Arm.

Pfarrkiche St. Georg, Ruhpolding (Foto: Knut Kuckel)

Mit dem Neubau von St. Georg wurde 1738 begonnen. Hofbaumeister Johann Gunezrhainer (1692-1763) schuf dieses großartige Gotteshaus. Im Jahre 1754 wurde die jetzige St. Georgskirche durch den Bischof von Chiemsee, Franz Carl Eusebius Graf von Friedberg und Trauchburg geweiht. 1757 war auch der Turm vollendet. Ruhpolding gehörte bis 1254 zum Fürstbistum Salzburg, danach zum Herzogtum Bayern, bis 1811 zur Pfarrei Vachendorf. Seit 1817 gehört Ruhpolding zur Erzdiözese München und Freising.

Pfarrkiche St. Georg, Ruhpolding (Foto: Knut Kuckel)

Mehr über die seit 200 Jahren eigenständige Pfarrei St. Georg in Ruhpolding – mit ihrer 1000-jährigen Geschichte können Interessierte im Traunsteiner Tagblatt nachlesen (Von der Entstehung der Pfarrei St. Georg Ruhpolding).

Holzfigur der Muttergottes am Bergfriedhof, Ruhpolding. (Foto: Knut Kuckel)

Vor der Kirche beeindruckt die barocke Holzfigur der Muttergottes, die um ihren toten Sohn trauert. Das Gesicht von Schmerz und Leid gezeichnet.

Am Aufgang zum Bergfriedhof ist die “Schmerzhafte Madonna an der Linde” ein Trost. Nicht nur für die Menschen, die ein Grab besuchen. Der kleine Wegbegleiter in meiner Tasche merkt an: “Der Bergfriedhof hat seinen ganz besonderen Charakter. Man spürt es, dass hier die Verstorbenen zwar in der Erde bestattet, aber gleichzeitig dem Himmel anvertraut sind.

Bergfriedhof, Ruhpolding. (Foto: Knut Kuckel)

Zurück im Ortszentrum, lege ich eine Rast bei der Marienstatue am Dorfbrunnen ein. Der Ruhpoldinger Bildhauer Georg Hinterseer hat sie 1931 geschnitzt. Maria genießt beim bayerischen Volk hohes Ansehen. Sie ist Anlaufstelle bei jedem persönlichen Anliegen und Herzenskummer. Kurfürst Maximilian I. kürte 1638 Maria zur Schutzherrin von München und Bayern mit dem Titel “Patrona Bavariae”.

Marienstatue am Dorfbrunnen, Ruhpolding. (Foto: Knut Kuckel)

Ein paar Stationen der kleinen Ruhpolding-Wallfahrt habe ich ausgelassen. Das Holzknechtmuseum in der Laubau wartet.

Denkmal "Unseren Holzknechten", Ruhpolding. (Foto: Knut Kuckel)

Zur Einstimmung verneige ich mich noch vor dem Holzknechte-Denkmal im Ortszentrum. Am Sockel eingraviert steht “Unseren Holzknechten zur Ehre”. Das Denkmal wurde 1959 aufgestellt. Im kommenden Jahr feiert der Holzknecht-Vinzenzi-Verein Ruhpolding sein 400jähriges Jubiläum.

400 Jahre Holzknechtverein – “I werd a Holzknecht!”

Und noch etwas: Ein Bajuware, ein gewisser Ruhpold soll es gewesen sein, dem Ruhpolding seinen Namen verdankt. Im 9. oder 10. Jahrhundert soll Ruhpold sich mit seiner Sippe hier angesiedelt haben.

Ruhpolding – Besinnungsweg zum Kirchbichl bei St. Georg. (Fotos: Knut Kuckel)

Ich schreibe über das Landleben im alpinen Raum. Über Ereignisse und Begegnungen. Von Hause aus Rundfunkjournalist, bin ich als Grenzgänger der Regionen auch gerne Europäer.

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