Die Isarflößerei ist seit dem 12. Jahrhundert nachweisbar. Das Haus der Tourist-Information in Wallgau erinnert daran. (Foto: Knut Kuckel)
Die Isarflößerei ist seit dem 12. Jahrhundert nachweisbar. Das Haus der Tourist-Information in Wallgau erinnert daran. (Foto: Knut Kuckel)

Isarflößer im Wandel der Zeiten – „Vom Last- zum Lustschiff“

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Die Flößer transportierten Holz, Bier und Gewürze – und isarabwärts auch mal Kurfürsten in den Krieg. Vor der Eisenbahn und dem Auto nutzte man Flüsse als Transportweg. Das traditionelle Flößerhandwerk ist längst ausgestorben.

Die Flößer von heute sind erfolgreiche „Lustschiffer“. Die Geschäfte der Flussfahrer unserer Zeit laufen mehr als gut.

Flössertag, Foto: Deutsche Flößerei-Vereinigung

Die Aufgabe des Flößers bestand ursprünglich darin, gefällte Baumstämme oder Baumteile, kontrolliert bis zu den Brettmühlen, Köhlereien, Glasfabriken, Werften oder Holzplätzen zu treiben.

Neben dem Holztransport auf dem Floß gab es noch eine ältere Beförderungsform die Holztrift, bei der lose Baumstämme mit der Strömung zu ihrem Bestimmungsort getrieben wurden. Die Männer, die das Holz trifteten, waren hart gesottene Burschen, denen ein besonderer Bezug zu ihrer Arbeit nachgesagt wird. Von den Triftern war reichlich Geschick gefragt, um verkeilte Stämme aus den Gebirgsbächen mit dem Grieshaken zu lösen.

Die nach dem Triften angekommenen Stämme wurden beim Gantern (Stapeln) von den verschiedenen Besitzern zur weiteren Nutzung aussortiert. Das war kein Problem, da die Stämme nach dem Schlagen mit Symbolen, den so genannten Holzmarchen der jeweiligen Waldbesitzer, gekennzeichnet worden waren. Die meisten Stämme wurden zum Floßbau benutzt. Die Flöße selbst dienten zum Transport von Waren aus dem Isarwinkel bis weit die Donau hinab.

Jede Floßfahrt war eine Herausforderung. In der Zeit, als die Flößerei betrieben wurde, waren die Flüsse noch nicht durch zahlreiche Staustufen zu eher träge fließenden Wasserläufen gezähmt.

Flößer, die ihre Ladung unversehrt ans Ziel brachten, konnten mit guten Gewinnen rechnen. Für Verluste mussten sie jedoch haften. Und Gefahren lauerten zwischen den vielen Kiesbänken der wilden Isar jede Menge.

Die Flößer schlossen sich zur Flößerzunft zusammen, um die Interessen ihres Berufsstandes zu wahren. In der Zunftordnung wurde festgelegt, wie Arbeit und Leben zum Wohle des Standes zu gestalten war. Eine religiöse Pflichterfüllung und ein ehrbarer Lebenswandel gehörten zur Zunftdisziplin. Das war den Flößern wichtig.

Isarflößer im Wandel der Zeiten

Seit dem 12. Jahrhundert, der Zeit der Städtegründungen durch die bayerischen Herzöge, zählte der Warentransport aus dem Isarwinkel bis weit die Donau hinab zum bedeutendsten Gewerbezweig innerhalb der Flößerei. Dabei spielten Baumaterialien, die zum Aufbau benötigt wurden, eine große Rolle. Bauholz, Steine, Kalk und andere Materialien, die im waldreichen gebirgigen Oberland reichlich vorhanden waren, wurden auf der Isar nach München, Freising und Landshut befördert. Die Flöße selbst hatten die Funktion der Holzlieferanten.

Im 15. Jahrhundert schlossen sich gewerbsmäßige Flößer zur organisierten Gemeinschaft „Nasse Rott“ zusammen und übernahmen Frachtzustellungen auf dem Wasser. Bei den Kaufleuten stieß die „Nasse Rott“ auf großes Interesse, da ihre Güter und Waren auf dem Wasserweg schnell und sicher vor Überfällen an ihren Bestimmungsort gebracht werden konnten.

Freie Fahrt hatten die Flößer auf den Flüssen allerdings nur eingeschränkt. Auf dem Gebiet des heutigen Bayern bestimmte vor 1800 eine beträchtliche Zahl von Landesherren oder Ratsgremien, was auf dem Wasser geschah.

Sie verfügten über Berechtigungen und darüber, wer oder was gefahren werden durfte. Beispiele aus dem 15. und 16. Jahrhundert machen das deutlich:

1450 genehmigte der Bischof von Freising, Herr der Grafschaft Werdenfels, eine Floßordnung für Mittenwald. Darin wurde die Abwicklung des Warentransports auf der Isar nach München geregelt. Der Münchener Rat besaß das Stapelrecht. Die Ratsleute zwangen jeden fremden Flößer, drei Tage lang sein Floss am Land zum Verkauf anzubieten. Nur wenn es niemand haben wollte, konnte er weiterfahren.

Um den nachwachsenden Wald zu schützen, erließen die bayerischen Herzöge für ihre Untertanen an Isar und Loisach 1536 eine Holz- und Kohlenordnung. Vorgeschrieben wurde darin beispielsweise, das Tragflöße aus nicht mehr als 20 Tannen- oder Fichtenstämmen von mindestens 38 Schuh (ca. 11 Meter) Länge und 16 Schuhe (an die 4,8 Meter) Breite bestehen durften. Langholz mit geringeren Abmessungen durfte nicht mehr verflösst werden.

Handelshemmnisse solcher Art beseitigte der nach 1800 neu entstandene bayerische Staat. Binnenzölle und zunftwirtschaftliche Relikte wurden abgeschafft. Die Floßfahrt zum freien Gewerbe erklärt.

Bayern hatte als größter Waldbesitzer und Holzhändler einen eigenes Interesse an einem leistungsfähigen und intakten Wasserverkehrssystem.

In der oberbayerischen Floßordnung von 1855 wird genau beschrieben, wie die Brücken über die Isar, die Loisach und den Lech zu bauen waren.

München: die alte Flößerwirtschaft auf einem Ölgemälde von 1767. Bild: Münchner Stadtmuseum
München: die alte Flößerwirtschaft auf einem Ölgemälde von 1767. Bild: Münchner Stadtmuseum

Die Isar war zu dieser Zeit der am häufigsten befahrene bayerische Fluss und bildete die Hauptverkehrsader für den blühenden Handel zwischen Süden und Norden. Der Floßverkehr hatte damals eine große Bedeutung für Wirtschaft und Handel. Im Jahr 1477 wurden stolze 2884 Flöße auf der Isar und dem Nebenfluss Loisach auf ihrem Weg nach Wolfratshausen gezählt.

Die Menschen an den Flüssen lebten gut von der Flößerei. Darunter Händler, Spediteure, Handwerker und Arbeiter und Floßknechte. Frauen war die Flößerei untersagt.

Aus einem Erlaß der oberbayerischen Regierung von 1841: Es kommt vor, daß ledige Weibspersonen bei den Floßfahrten zur Lenkung der Flöße verwendet werden. Da aber weibliche Individuen im allgemeinen als des Floßfahrens kundig und hinlänglich rüstig hierzu nicht genommen werden können, andererseits aber durch die Art der Lebensweise der Flößer, und namentlich durch das Zusammenleben mit diesen in den Nachtherbergen die Sittlichkeit sehr gefährdet wird, worüber auch bereits Klagen erhoben werden, so sieht sich die unterfertigte Stelle veranlaßt, auf die Unzulässigkeit der Verwendung lediger Weibspersonen zur Lenkung der Flöße hiermit aufmerksam zu machen… (Stadtarchiv Wolfratshausen)

Die Tölzer und Wolfratshausener Flößerzünfte erhielten im 15. Jahrhundert das Transportmonopol für die Rohstoffe und Gewerbeprodukte, die im Isarwinkel und im Werdenfelser Land gefördert bzw. erzeugt wurden.

Sie konnten aber dieses Rechts gegen die Konkurrenz der bäuerlichen Nebenerwerbsflößer auf Dauer nicht durchsetzen.

Der Bau von Eisenbahnlinien und die Industrialisierung brachten letztlich die Frachtflößerei zum Erliegen. So läutete 1924 der Bau des Walchensee-Kraftwerks deren Ende im Isarwinkel ein. In Krün, bei Mittenwald, wurden für die Stromerzeugung derart große Wassermengen abgezweigt, dass für das ursprüngliche Flussbett zu wenig übrigblieb, um in Lenggries oder Bad Tölz noch einen Regelbetrieb aufrechterhalten zu können.

Einst hatten tausende Flößer durch die Isar ihr Auskommen. Nach dem Bau des Walchensee-Kraftwerkes mussten die meisten ihr Handwerk aufgeben.

Die alte Flößertradition wird heute in den Orten entlang der bayerischen Flüsse immer noch aufrecht erhalten. Die Stadt Wolfratshausen darf sich inzwischen sogar „Internationale Flößerstadt“ nennen. Im Isarwinkel ist man etwas bescheidender. Die oberbayerische Gemeinde Lenggries im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen führt 2009 den Titel „Internationales Flößerdorf“.

"Der Isarflößer" - eine Bronzeskulptur des Augsburger Bildhauers Fritz Koelle (1895-1953). (Foto: Knut Kuckel)

Die Münchener haben im Stadtteil Thalkirchen dem Isarflößer ein Denkmal gesetzt. „Der Isarflößer“ – eine monumentale Bronzeskulptur des Augsburger Bildhauers Fritz Koelle (1895-1953) – blickt in die „tosenden Fluten“. In der Geschichte Münchens spielten die Isarflößer eine bedeutende Rolle. Das unterstreicht dieses beeindruckende Denkmal, dass an die mutigen Flussfahrer erinnert. Es steht an prominenter Stelle, an der Gabelung von Floßkanal und Isar-Werkkanal. Ein aufrechter Mann, der sehnsüchtig in die Ferne blickt, wo der Fluss rauscht. An diesem schönen Ort zum Verweilen blicken die Besucher gerne mit und erholen sich vom Alltagsstress.

Gaudi-Fahrten auf der Isar. (Foto: Knut Kuckel)

Von Ernst Eisenbichler gibt es beim Bayerischen Rundfunks einen Beitrag über Floßfahrten auf der Isar („Vom Last- zum Lustschiff“, BR, 4. April 2012). Der Journalist beschreibt, wie die Geschäfte der Flussfahrer dem Wandel der Zeiten unterliegen. Zitat: „Bis heute bieten Nachkommen alter Flößerfamilien zwischen Mai und September ab Wolfratshausen für Touristen Gaudi-Fahrten an, die meist Monate im voraus ausgebucht sind.“

Floßlände in Weidach (Foto: Adrian Greiter)
Floßlände in Weidach (Foto: Adrian Greiter)

Auf einem bis zu 18 Meter langen Floß können bis zu rund 60 Passagiere transportiert werden. Zum spritzigen Erlebnis gibt es eine zünftige Brotzeit und musikalische Unterhaltung nach bayerischer Art.

Auf der rund 24 Kilometer langen Strecke verkehren solche Ausflugsflöße auf den parallel zur Isar verlaufenden Kraftwerkskanälen (Mühltalkanal, Isar-Werkkanal). Die ersten drei Kilometer werden auf der Loisach und der Isar bis zum Ickinger Wehr gefahren.

Die Isar entspringt in den Alpen. Im Tiroler Teil des Karwendels, im Hinterautal. Nach rund 22 Kilometer erreicht sie Scharnitz und fließt als „Obere Isar“ über die deutsche Staatsgrenze nach Bayern.

Von Mittenwald und dem Isarwinkel fließt sie durch Lenggries und Gaißbach.

Das Alpenvorland erreicht die Isar am Beginn des Mittellaufs bei Bad Tölz. Dann folgen die Städte Geretsried, München, Freising und Moosburg. Der Unterlauf fließt durch Landshut, Dingolfing, Landau an der Isar und Plattling. Gegenüber von Deggendorf mündet die Isar in die Donau.

Quellen:

Fotos: Stadtarchiv München/Stadtarchiv Bad Tölz/Flössermuseum Lechbruck/Deutsche Flößerei-Vereinigung/Knut Kuckel

Ich schreibe über das Landleben im alpinen Raum. Über Ereignisse und Begegnungen. Von Hause aus Rundfunkjournalist, bin ich als Grenzgänger der Regionen auch gerne Europäer.

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