Die Bitte, an diesem Ort das Stehlen zu unterlassen, berührt und macht nachdenklich. (Foto: Knut Kuckel)
Die Bitte, an diesem Ort das Stehlen zu unterlassen, berührt und macht nachdenklich. (Foto: Knut Kuckel)

Haftie zum 7. Gebot – „Lieber Dieb, in der Kirche klaut man nicht!“

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So oft es geht, besuche ich die Wallfahrtskirche St. Anton in Partenkirchen. Nicht nur unter Pilgern und Andacht suchenden ein geschätztes Gotteshaus. Bedauerlicherweise auch unter Ganoven. Ein „Haftie“ über den Auslagen lässt diese Vermutung zu.

Bevor man die Wallfahrtskirche St. Anton in Partenkirchen verlässt, hat man die Möglichkeit, noch etwas mitzunehmen. Für kleines Geld. Ganz legal. Ein Kreuz und eine Alltagsbibel, Postkarten mit dem Motiv des Heiligen Antonius oder andere schöne Dinge.

„Lieber Dieb, in der Kirche klaut man nicht!“ haben die Hausherren der schönen Kirche auf einen Klebezettel über diese Auslagen geschrieben. Die Aufschrift sicherlich gewollt alltagssprachlich. Wohl in der Hoffnung, so besser die angesprochene Zielgruppe zu erreichen.

Es geht in dieser Form vor allem um ein gegenseitiges Verstehen. 

Die Bitte, an diesem Ort das Stehlen zu unterlassen, berührt und macht nachdenklich.

Das Antoniuskirchlein in Partenkirchen wird von Franziskanern zugewandt behütet. Sie werden gute Gründe für ihre Aktion haben. Sonst kämen sie wohl kaum auf die Idee, Ihre Hoffnung auf einem Haftie in dieser Weise über Kerzen und Kreuze zu hängen.

Die freundlichen Ordensleute können die hohe Kostenbelastung zum Erhalt der Kirche nicht aus eigener Kraft tragen. Das geht nicht. Ohne Spenden und andere Einnahmen gäbe es Kirchen wie diese nicht mehr.

Umso verständlicher ist es, dass die Partenkirchner Franziskaner bewusst jene bitten, die aus beruflichen Gründen wenig Respekt vor dem Eigentum anderer haben, auf das Stehlen in ihrem Hause freundlicherweise zu verzichten.

Könnte ja sein, dass der ein oder andere Dieb, nach Lektüre des Klebezettels, tief betroffen umkehrt und sich verschämt einen arbeitsfreien Tag gönnt.

Ja, ich weiß, die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber vorschnell aufzugeben, macht ja auch keinen Sinn.

Obwohl weniger Kunstgegenstände als früher gestohlen werden, „klauen sie in Gottes Häusern noch immer wie die Teufel“, sagen Bayerns Kunstfahnder. Immer weniger Menschen würden sich heute noch Heilige ins Wohnzimmer hängen. Das sei wohl der Grund, für die Rückläufigkeit der Straftaten.

Kleine Kirchen und Kapellen stehen bei Dieben hoch im Kurs, weil sie sich dort ihrem schändlichen Tun meist ungestört widmen können.

Im oberbayerischen Murnau wurden vor wenigen Wochen gleich zwei kirchliche Einrichtungen überfallen. In der Riedhauser Kapelle wurde der Opferstock kurzerhand mit Hilfe eines Feuerlöschers geknackt. Geschätzte 80 Prozent der Diebstähle in Kirchen entfielen auf Opferstöcke, sagte LKA-Fahnder Franz Weber kürzlich im Münchner Kirchenradio.

Bei den Dieben handelte es sich in der Vergangenheit oft um Einzeltäter oder um kleine Banden, erläutert der Polizeibeamte. Meist ist der Geldwert des Diebesguts gering. Anders in der Murnauer Christuskirche, dort schätzt man den Verlust nach einem kürzlichen Einbruch auf 500 bis 1000 Euro.

Dr. Peter Kottlorz, Senderbeauftragter der Katholischen Kirche beim Südwestrundfunk, beschäftigt sich gelegentlich mit der Thematik in seinen Radiosendungen. Als es dabei einmal um das siebte Gebot ging, meinte Pfarrer Kottlorz: „Es gibt Menschen die klauen aus Wut. Aus Wut darüber, dass sie ungerecht behandelt werden. Manche Menschen klauen aus Not, aus materieller oder seelischer Not. Und manche klauen einfach aus Bosheit.“

Achten wir also ein wenig aufeinander, damit es gar nicht so weit kommt. Und denken gelegentlich auch an das siebte Gebot:

Du sollst nicht stehlen!

Radio-Pfarrer Peter Kottlorz zum 7. von insgesamt zehn Geboten: „Ein so uraltes wie sinnvolles Gebot. Denn wenn das Eigentum des Anderen nicht unangetastet bleibt, dann gibt es Hauen und Stechen oder bestenfalls Chaos.“

Das Gebot gilt nach gültiger Rechtsprechung auch für Atheisten. Sich darauf zu berufen, nicht an Gott zu glauben, macht in diesem Zusammenhang somit wenig Sinn.

Aber mal unterstellt, die Menschen würden sich in ihrer Mehrheit an die zehn Gebote halten – egal, ob sie an Gott glauben oder nicht, wäre unsere Welt vermutlich ein „Himmelreich“ auf Erden. Das geht gar nicht. Die Gangster dieser Welt müssten Sozialhilfe beantragen und sich ihr Essen von der Tafel servieren lassen. Die größte Berufsgruppe wäre weltweit von sozialer Schieflage bedroht. 

Ich meine, selbst in dem Wissen, dass die Hoffnung zuletzt stirbt, können wir den Dieben und anderen Fehlgeleiteten dieser Welt noch so viele Vorschläge für ein anständigeres Leben machen, sie werden unsere Empfehlungen nicht lesen. Nicht weil es sie nicht interessieren dürfte, sondern weil sie einfach keine Zeit haben.

Sie würden es selbst dann nicht zur Kenntnis nehmen, wenn wir ihnen hoch und heilig versprächen, dass Geben seliger ist als nehmen.

Wer Antonius verehrt, glaubt, dass der Heilige beim Wiederauffinden verlorener Gegenstände hilft. In Bayern hat er sich in diesem Sinne als Schutzpatron der „Schlamperten“ einen Namen gemacht, im Rheinland als „Schussels Tünn“.

Im Glauben daran, könnten die Fahnder ja gelegentlich dem Antonius die ein oder andere Kerze widmen. Oder am besten gleich bei ihm auf der Kirchenbank hocken bleiben. Das schreckt sicher Diebe und andre Ungustl ab.

„Gefallen für Gott und Vaterland“ – Denkmäler für den Frieden

Haftie zum 7. Gebot: „Lieber Dieb – In der Kirche klaut man nicht!“. (Fotos: Knut Kuckel)

Ich schreibe über das Landleben im alpinen Raum. Über Ereignisse und Begegnungen. Von Hause aus Rundfunkjournalist, bin ich als Grenzgänger der Regionen auch gerne Europäer.

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