Alle vier Jahre feiern die Mieminger Fasnacht. Nach 2014 wieder am 2. Sonntag im Februar 2018. Tausende machten sich auf den Weg. Die Fasnachtler starteten in Zein, zogen über Unter- nach Obermieming und feierten den finalen Höhepunkt in Barwies.
„Bunte Fasnachtswägen zogen durch das Dorf, um der Labara der Stöttlhex einen gebührenden Empfang zu geben“, schreibt Agnes Dorn am Rosenmontag in der Tiroler Tageszeitung. Die Journalistin merkt an: „Im Oberland war gestern Mieming eines der »närrischen Zentren«.“
Zum „Platzkonzert“ luden zum Auftakt der Aufführungen die „STÖTTLvielHarmonika“ – Musikantinnen und Musikanten der Musikkapelle Mieming. Zur Einstimmung spielte die in Frack und Zylinder gekleidete „STÖTTLvielHarmonika“ den „Egerländer Fuhrmannsmarsch“. Ihr Begleitwagen war dem „Kulturstodl“ Untermieming nachempfunden. Bemerkenswertes Zubehör war das „Musig-Gländer“. Der Halt auf der Stiegn zum Allerheiligsten. Lautsprecher waren beim Benutzen nicht gestattet. Außen verziert war der Musikantenstadl mit allerlei Musikinstrumenten aus alten Beständen der Musikkapelle Mieming.
Tonangebend in der Mieminger Fasnacht ist der Liechtmessverein: Das letzte Mal als Paragraphenritter auf einer »denggmalgeschützten« Burg im Einsatz, machte der Liechtmessverein auch heuer wieder auf die Ereignisse in der Gemeinde aus den vergangenen vier Jahren »mit spitzer Zunge« aufmerksam. Die berühmte »Labara« (Anm. die Schmährede, die der Stöttlhexe in den Mund gelegt wird) erschallte wortgewaltig vom Wagen des Liechtmessvereins wortgewaltig: In Dialogform nahmen die beiden Ur-Mieminger Fasnachtler Reinhard Neuner und Georg Spielmann verschiedene Ereignisse aufs Korn. Mit Geschichten der „lieben Leut“ aus Obermieming, Barwies, Fronhausen oder See“.
Im Prolog der „Labara 2018“ war zu hören: „Es geht um Kalbl- und um Schweinezüchter, um Beamte, Pensionisten – und um andere Dienstverrichter. Der große und der kleine Mann – über jeden man etwas sagen kann. Man soll nicht mit Finger auf andere zeigen – man könnte über jeden eine ganze Labara schreiben.“ (Originalspruch von Franz Walch vulgo Prischgge)
Die Labara 2018 war – so die Meinung der Experten rundum – „weniger bissig als in früheren Jahren“, bekam vielleicht gerade deshalb viel Applaus? Wie auch immer, das ist Ansichtssache. Die Schmährede zur Mieminger Fasnacht beschäftigte sich mit den „Zaunmachern am Kohlplatz“, dem „Salati-Duathlon – mittlerweile in Mieming ein Hit“. Themen war auch die „Weihnachtsfeier der Senioren im Gemeindesaal“, der „Holzeisbichl und der Mieminger Gletscher beim Schworz“, der „Sautner Georg, der inzwischen wie Andreas Hofer ausschaut“, die „Hundebesitzer mit den Sackeln, die nicht immer im Hundemullkübel versenkt werden“, der „Faldweig mit Radlern, Bauern und Pferdeausführern“, dass „Wahrzeichen von Mieming beim Krebsboch – blaue Krametgrallen und griane Siloballen“.
Stichwort „Hanf“ – dazu die Labara 2018: „Auch in Mieming grian die Hanfplandaschen au wia die Schwammellen. Eine Plantage am Sasberg hot der Bürgermeister selber entdeckt“. Gewürdigt wurden auch der „Seeber Verkehr“, indem „die Barwieser mit ihrem Mull durch Sea durchforen“, um zum „Recyclinghof“ zu gelangen. Der kriegt dann auch noch sein Fett ab. Gelobt wurde neben dem „Dorfblattl“ noch der „Schuachter Jonny“, der „Brieftroger aus Untermieming“, „Barwies by night, wenn’s schneit“. Kritisiert wurden der „Fraktionspatriot um den Freistaat Barwies“, der „Ikea-Altar in der Barwieser Kirche, der Wirt von der Marienbergalm, der frühere Exekutor und der „Obermieminger Sportplatz als Multifunktionsplatz“, der aktuell zur Schneeablerung benutzt werde.“ Eine Wirtshauskeilerei in Untermieming“ fand ebenso Erwähnung wie das Verkehrskonzept der Gemeinde.
Alle Fasnachtsgruppen beteiligten sich mit eigenem Programm und kleineren Aufführungen am Großen und Ganzen. Das waren die Hexen & Bären, die den Kampf mit den Jagern aufnahmen, von denen sie zuvor gefangen wurden. Und die Krameter – eine besondere Gruppe in der Mieminger Fasnacht, deren Gewand mit Krametstauden bedeckt ist. Sozusagen ein Mieminger Gewächs, denn ein Wacholderzweig, also »Krametzweig«, findet sich auch im Gemeindewappen. 2014 kamen bei den Krametern erstmals auch die klappernden Kramet-Klötzler dazu. Es ist schon ein besonderes Vergnügen, einmalig von den stacheligen Gesellen umarmt und geherzt zu werden. „Da fühlst Du Dich wie frisch gepierced“, sagte einer, dem das Vergnügen zu Teil wurde.
Zur Faschings-Szenerie gehören die Mieminger Plattler, eine edel maskierte Gruppe der Schuachplattler. Sie waren am Sonntag zum zweiten Mal bei der Fasnacht dabei und präsentierten in ihrem Programm mit dem Auftritt der „Goaßln“ eine peitschenschwingende Premiere. Das Goaßlschnalzen ist ein bayerisch-österreichischer Brauch. Wikipedia lässt und wissen: Der Name erklärt sich aus der Bezeichnung für die Fuhrmannspeitsche, im bairischen Dialekt Goaßl. Schnalzen bezeichnet das laute und schnelle Krachen oder Knallen mit der Peitsche. Mit einem Leiterwagen nahmen die Plattler auch den weltweiten Börsencrash der digitalen Währung Bitcoin aufs Korn und boten richtige, selbstgefertigte silberne Münzen an. Nach dem Motto „Plattler-coin, statt Bitcoin“.
Für viele Lacher sorgten die Laninger. Die zentrale Gruppe bei vielen Tiroler Fasnachten. Sie repräsentieren das fahrende Volk. Stören die Dorfidylle und müssen sich nicht selten dafür vor Gericht verantworten. Das spielten die Mieminger Laninger in einer kleinen Komödie nach. Sie verhöhnten die Obrigkeit, bestätigten durch ihr Verhalten alle verbreiteten Vorurteile. Der Auftritt der Laninger war einer der vielen Höhepunkte der Mieminger Fasnacht. Auf gehts, nach Obermieming und Barwies.
Nach dem grandiosen Auftakt am Vormittag in Zein und Untermieming, zog die Narrenschar mit all‘ ihrem Hab und Gut nach Obermieming. Vor dem Gemeindeplatz – zwischen Café Maurer und Raiffeisenbank – warteten schon Tausende Schaulustige auf die Fortsetzung. Die Hexen & Bären luden besonders prominente Miemingerinnen und Mieminger zum öffentlichen Bad in ihrer Hexenküche ein. Zum Auftakt wurde der Dorfzeitungs-Chefredakteurin Burgi Widauer die Ehre zu teil. In das staubige Bad folgte ihr Daniela Kapeller. Das war wohl die bislang härteste Prüfung im öffentlichen Leben für die Gattin unseres Vizebürgermeisters Martin Kapeller.
Burgi Widauer freute sich auch, „…weil unser Dorfblattl in der Labara gelobt wurde.“
Zum Finale in Barwies warteten alle vor dem Kirchplatzl auf den bekannt legendären Auftritt der Doign. Sie verhöhnten mit einer bunten Schlager-Pop-Persiflage manches gesellschaftliche und vor allem politische Geschehen in Mieming, unter anderem den – aus ihrer Sicht – „Kult“ um den Badesee. Der Doign-Auftritt wurde von vielen frenetisch gefeiert und war zugleich Abschluss und Höhepunkt der Fasnachtsaufführungen.
Zugmarschall war Fasnachtskomitee-Obmann Wolfgang Schatz. Dank seiner klugen Planung konnte das gewaltige Unternehmen der Fasnachtsaufführungen in den vier Mieminger Ortsteilen Zein, Untermieming, Obermieming und Barwies überall pünktlich gestartet werden.
Die Fasnacht 2018 in Mieming war eine mehr als erfolgreiche Gesamtleistung von schätzungsweise ca. 150 Aktiven, die monatelang geplant, organisiert und gebaut haben. Ihr größter Erfolg war wohl heuer, „dass man so viele neue Gesichter unter den vielen Zusehern sah“, kommentierte der Wildermieminger Bürgermeister Klaus Stocker.
Ein weiteres Kompliment kam von Gemeinde-Chronist Martin Schmid, der für die Mieminger Dorfzeitung dabei war: „Das hatte eine hohe Qualität. Das Programm, die Organisation, die schönen Kostüme und die originellen Masken. Ich bin beeindruckt!“
Zum Finale spielte die „STÖTTLvielHarmonika“ das von Ulli Happ komponierte Mieminger Fasnachtslied. Inzwischen auf YouTube mehr als acht Millionen Mal angeklickt. In den Wägen, gegenüber der Handlung Perkhofer wurde bis in die Morgenstunden ausgelassen Party gefeiert. Frei nach dem Motto eines Wagens „In isch wer drin isch“.
Das Fazit zum Faschingssonntag in Mieming fällt mehr als positiv aus: „Ganz große Fasnacht“ – so war vielfach zu hören. Die „Liechtmesser“, „Hexen & Bären“, „Die Doign“, „Plattler“, „Laninger“, Krameter und die „Stöttlvielharmoniker“ machten Mieming zur fröhlichsten Gemeinde im Oberland. „Das war Fasnacht für die Seele“, so Bürgermeister Klaus Stocker der Nachbargemeinde Wildermieming. „Organisiert von den Leuten, nicht vom großen Geld. Deshalb so erfolgreich.“
Mieminger Fasnacht – Närrisches Zentrum im Oberland. (Fotos: Knut Kuckel)